Im Reiseführer hörte sich die Radtour um den Stausee von Cachí im Orosí-Tal nach einer schönen, einfachen Tour an; von "mäßigen Steigungen" und von "gut für Familien geeignet" war die Rede. Also liehen wir uns in Orosí in einer schweizer Bäckerei (man ist hier diversifiziert unterwegs) am Sonntagmorgen um 6 Uhr zwei Räder aus.
Doch schon der Blick auf die Routenführung ließ einiges an Anstrengung vermuten: dort, wo wir heute gleich zu Beginn hochfahren müssten, waren wir nämlich am Vortag mit dem Auto ins Tal hinuter gekommen. Dabei kamen uns viele sportlich gekleidete Radfahrer entgegen, die ich für verrückt erklärt hatte, weil sie sich das antaten. Da wusste ich noch nicht, dass das auch unser Weg sein würde. Zunächst jedoch ging es leicht bergab durch Orosí, vorbei an der Kirche.
Der erste Anstieg aus dem Ort heraus hatte es dann schon in sich: 5km ging es kontinuiertlich bergauf, mit vielen steilen Teilstrecken. Im niedrigsten Gang strampelten wir vor uns hin, wurden dabei ständig von Autos überholt, die mit Volldampf den Berg hochheizten.
Dabei hatten wir noch Glück, dass Sonntagmorgen und daher verhältnismäßig wenig los war. Während Tim zwar angestrengt, aber doch recht problemlos hinaufkam, verließen mich irgendwann die Kräfte und ich schob die letzten Meter bis zum Aussichtspunkt Mirador Orosí. Verschnaufpause.
Leider waren wir dann immer noch nicht ganz oben. Während Tim gut durchhielt, schaffte ich es nur in einem Wechsel von Strampeln und Schieben hinauf.
Es folgte eine kurze Abfahrt nach Paraíso, von wo aus wir dann auf einer aufgrund eines Erdrutsches für den Autoverkehr gesperrten Strecke in Richtung Cachí fuhren. Immerhin belohnten immer wieder tolle Ausblicke ins Tal für die Anstrengungen.
Nach einer steilen Abfahrt in den Ort Ujarrás besichtigten wir dort die Ruinen der um 1580 erbauten und damit ältesten Kirche Costa Ricas, die heute ein großer Wallfahrtsort ist.
Was man herunterfährt muss man natürlich auch wieder hoch, sodass es weiter in einem Wechsel von Auf und Ab um den Stausee ging, an dem ein für die Region wichtiges Wasserkraftwerk betrieben wird.
In den 60er und 70er Jahren geschaffen, war er eines der ersten Wasserkraftprojekte Costa Ricas. Heute stammt etwa 80% der Energie des Landes aus Wasserkraftwerken (und insgesamt nahezu 100% des Stroms kommt aus erneuerbaren Energien). Viel zu sehen bekommt man den Stausee aufgrund von Wald und Privatgrundstücken zwischen See und Straße allerdings nicht, aber da er ohnehin mit Grünpflanzen zugewachsen und nicht so schön ist, ist dies nicht weiter schlimm. Wir hielten noch beim Casa del Soñador, wo urige Figuren aus Kaffebaumholz geschnitzt werden - leider nicht ganz unser Geschmack.
An Kaffeeplantagen entlang ging es weiter in Richtung Orosí. Wir gönnten uns die Abkürzung über eine Fußgänger-Hängebrücke über den Río Grande de Orosí und erreichten nach 30 km wieder unseren Ausgangspunkt.
Mit schmerzendem Hintern (ich), rotem Kopf (Tim) und relativ kraftlos verbrachten wir den Nachmittag auf der Terasse unseres Guesthouses und ich gönnte mir ein Glas Nachmittagswein mit Blick auf das Tal und die Berge, durch das/die wir uns den Vormittag lang gequält hatten. Was sein muss, muss sein!
Mel
25.11.2018
Valle de Orosí
Costa Rica, Berge, Fahrrad
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Fotos: Miss Saigon