Crazy Tokio

Tokio war als kurzer Zwischenstopp geplant und wir waren auch - wie geplant - nur vier Tage da, aber es hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Gerade nach dem chaotischen Südostasien, waren die vielen Regeln und Vorschriften schon fast eine Wohltat, allerdings manchmal auch wirklich zu viel. Die Japaner halten sich aber sehr konsequent an alle Vorschriften. Das instinktive Ignorieren von roten Ampeln, wenn kein Auto kommt, mussten wir uns schnell wieder abgewöhnen. Aber auch neben den Vorschriften ist Tokio in vielerlei Hinsicht überdreht. Es ist ein gigantischer Konsumtempel und die Tokioter sind auch alle sehr chic und ordentlich gekleidet. Dazu kommt noch eine extreme Höflichkeit. Es wird sich viel bedankt und dabei natürlich immer leicht verbeugt. Das macht sogar der Geldautomat:

Geeldautomat

Man macht irgendwann einfach mit - ob man dabei völlig idiotisch aussieht oder nicht, ist schwer zu sagen. Die Japaner sind auch hier so höflich sich keinesfalls etwas anmerken zu lassen.

Ein weiteres Highlight im hochtechnisierten Japan sind die Toiletten. Es ist ein Quantensprung vom Plumsklo zu den stillen Örtchen, auf denen man hier sein Geschäft verrichten kann.

Toilette

Neben der Toilette hat man ein ganzes Arsenal von Handlungsoptionen. Ein Bidet ist integriert. Man kann aber auch nur sprühen. Die Stärke ist natürlich regulierbar. Dazu gibt es die Möglichkeit, einen Sound abzuspielen, der das Laufen von Wasser imitiert. So kann die eigene Geräuschkulisse übertönt werden. Vor allem Frauen haben hierfür früher wohl immer das Wasser laufen gelassen. So ist die Variante deutlich ressourcensparender. Einen Duftspender gibt es natürlich auch. Ohne Kommando ist der Toilettendeckel natürlich selbstverständlich angenehm temperiert. Es soll ja keiner einen kalten Hintern bekommen. In unserer Unterkunft war alles schön beschrieben:

Anleitung Toilette

Crazy und herrlich schräg. Ähnlich verrückt sind die U-Bahnen. Man kennt ja die Bilder, in denen Menschen in die U-Bahn gepresst werden, bis es nicht mehr geht. Das haben wir nicht erlebt, es war zwar immer voll, aber nie zu voll. Dafür durften wir kilometerweit durch die Gänge zwischen den U-Bahnen laufen. Die Entfernung zwischen verschiedenen Linien sind teilweise echt weit:

U-Bahn

Die Orientierung fällt insgesamt leicht. Die Stationen haben neben kryptischen Namen nämlich auch alle Nummern. So kann man mit der Ginza Line (G) einfach bis G8 fahren und muss sich keine Namen merken - praktisch. Auch preislich ist Nahverkehr in Tokio vollkommen in Ordnung. Für drei Tage U-Bahn zahlt man 1.500 YEN (umgerechnet rund 12 Euro). Interessant ist auch noch das eingespielte Vogelgezwitscher, das die Menschen beruhigen soll (haben wir in Köln nur in der Haltestelle Breslauer Platz mit den Papageien) und die Musik, die läuft, während die Ubahn zum Einsteigen bereitsteht (so eine Art Reise nach Jerusalem)...

Sushi

Was das Essen angeht ist Sushi in Tokio natürlich die erste Option. Dazu Sake (Reisschnaps), grünen Tee, eine Miso-Suppe. In die Soja-Sauce gehört nur der Fisch, der Reis saugt sich zu voll. Eine Alternative zu Sushi ist Ramen: eine Suppe mit Nudeln und Fleischbeilagen - auch eine Spezialität Tokios. Vegetarier haben es insgesamt schwer, da Japaner überzeugte Fleischkonsumenten sind und vegetarische Optionen fast nicht existieren. Einzig Soba-Nudeln aus Buchweizen sind eine für Vegetarier geeignete Spezialität - es sei denn man nimmt noch einen leckeren Shrimp dazu.

Fake-Essen

Das Gute ist, man kann sich das Essen vorher ansehen. Jedes Restaurant, das etwas auf sich hält, stellt das Essen, das es anbietet aus. Hierfür hat sich ein echtes Handwerk etabliert, das künstliches Essen herstellt. Man ist häufig verblüfft, wie echt das Essen aussieht. Einzig die Tatsache, dass echtes Essen in der Lage vom Teller rutschen würde, bestätigt einem, dass es wirklich nicht echt ist.

Tee

Nationalgetränk ist natürlich Tee. Wir haben in unserem Stadtteil bei einer traditionellen Tee-Zermonie teilgenommen, bei der grüner Tee ganz stilecht aufgebrüht wird. Eine Kunst, die man lange lernen muss. Geschmeckt hat er aber. Ansonsten muss man sich in Tokio auch nie Sorgen machen, zu verdursten, an jeder Ecke findet man einen Getränkeautomaten. Mit 100 Yen ist die nächste Erfrischung also nie weit.

Werbung

Zu guter Letzt der Konsum. Der stellt wirklich alles in den Schatten, was man aus Europa kennt. So viel Werbung ist unglaublich. Man hat fast an jeder Ecke einen Piccadilly Circus wie in London. Das ist wirklich überfrachtend. Wir haben ja noch den großen Vorteil, dass wir das alles nicht lesen können. Aber wenn man wirklich alles lesen könnte, wäre man lange beschäftigt. Ein Beispiel für unnötigen Konsum ist ein im Moment stark beworbener Elektroartikel: der Pocketalk. Das Gerät ist quasi ein Dolmetscher für die Hosentasche. Man spricht in das Gerät hinein und es übersetzt das ganze. Toll für den Urlaub. Dass ein Smartphone das ganze genauso gut kann und man nur ein Gerät mehr mit schleppen muss, egal... Wer jetzt Interesse an dem Dolmetsch-Tamagotchi hat, kann sich mal die Homepage ansehen: Pocketalk

Auch in Geschäften wird man von Werbung überladen. Beispielhaft das Angebot von den genialen japanischen Toiletten:

Werbung Toiletten


Wer da nicht sofort weiß, welcher Toilettendeckel der richtige für ihn ist, hat das alles nicht verstanden...

Es ist natürlich aber auch alles spannend. Die Kultur ist völlig anders als unsere, trotzdem ist der Lebensstandard mindestens auf dem gleichen Niveau, wenn nicht höher. Eine Reise in das Land der aufgehenden Sonne ist also durchaus empfehlenswert. Wir hatten auf unserer Reise natürlich den Vorteil, dass es sich gelohnt hat, das Land bzw. Tokio nur mal für ein Wochenende zu besuchen. Wir können uns aber gut vorstellen, nochmal wieder zu kommen und mehr von diesem wirklich interessanten Land zu entdecken. Das nächste Großereignis sind die olympischen Spiele 2020 in Tokio. Bis dahin entwickelt sich Tokio bestimmt noch weiter.

Und hier noch eine kuriose Silhouette von Tokio: der Skytree (der mit 634 Metern höchste Fernsehturm der Welt), das Asahi Brewer Headquater, das so aussieht wie ein Bier, und die Flamme, die - nachdem der Entwurf zu groß war und deshalb nicht mit drei weiteren Flammen stehen konnte - auf dem Gebäude liegen muss.

Skytree

Tim
03.10.2018 - 07.10.2018
Tokio
Japan, Essen, Trinken, U-Bahn


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